Der berühmte Brief von Waltraud Horn

»freiräume hartnäckig
erfragen«

Ein paar wenige Zeilen einer jungen Frau gelten bis heute als Gründungsdokument des Frauenfußballs in Leipzig. Waltraud Horn, damals gerade 18 Jahre alt, will organisiert Fußball spielen, doch es fehlt an Angeboten für Mädchen und Frauen. Im November 1967 verfasst sie daher einen Brief an die Verantwortlichen im Fußballverband der DDR.

Die Antwort ist durchaus typisch für die Zeit. Verbandspräsident Helmut Riedel teilt mit, ihr Schreiben sei bei der Jahresabschlussfeier der Männer-Nationalmannschaft verlesen worden. Man bedankt sich freundlich, stellt gleichzeitig aber klar, dass kein Interesse an der Förderung von Frauenfußball bestehe. Stattdessen wird Waltraud Horn nahegelegt, einen Lehrgang als Schiedsrichterin zu absolvieren.

Entmutigen kann diese Antwort Waltraud Horn nicht. Im Gegenteil, sie bleibt hartnäckig: Im Oktober 1968 fragt sie offiziell bei der BSG Chemie Leipzig nach und kurze Zeit später signalisiert der Sektionsleiter des Vereins positive Resonanz. Schon im November gibt es Gespräche in der Leutzscher Geschäftsstelle.

Die ersten Trainingseinheiten mit ihrem Vater Paul Horn als Trainer starten im Februar 1969. Und im September desselben Jahres wird ganz offiziell das erste Frauenteam der BSG Chemie gegründet.

Trainer Paul Horn. © picture alliance

» Zur Geschichte des Frauenfussballs in der DDR gehört, dass er eine Bewegung von unten war. Der Verband musste auf das Interesse der Frauen reagieren. Das war ein großer Gegensatz zu den Strukturen des DDR-Sportsystems mit seinen zentralistischen Planungen von oben. «

Carina Sophia Linne:
»Freigespielt. Frauenfußball im geteilten Deutschland. Frauenfußball in der DDR«, 2011
Die Antwort des DFV an Waltraud Horn
Das erste Frauenteam der BSG Chemie und Trainer Paul Horn vor dem Plakat zum Auswärtsspiel bei der LVB. © Brigitte Parade
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