das weibliche geschlecht und fussball

»Fußball als
männliches Kampfspiel«

Seit den 1890er-Jahren wird in Leipzig offiziell Fußball gespielt. Auf den ehemaligen Bauernwiesen an der Kurt-Eisner-/Fockestraße treffen sich männliche Jugendliche und kicken in Alltagskleidung. Erste bürgerliche Fußballvereine gründen sich 1893.

Drei Jahre später folgt der Verband Leipziger Ballspiel-Vereine. Ebenfalls 1893 entsteht der Arbeiter-Turnerbund (ATB), um dem Proletariat die Möglichkeit für sportliche Betätigung zu bieten. Zu dieser Zeit hält der ATB Fußball jedoch für unsolidarisch. Erst 30 Jahre später etabliert der Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATSB) Fußballligen und Meisterschaften.

In England spielen Frauen in den 1890er-Jahren schon vor 10.000 Fans Fußball, bis 1902 ein Verbot ergeht.

»In Burnley (England) hat sich ein Damenfußballverein gebildet. Was soll man dazu sagen? Bevor man Damen hat Fußball spielen sehen, ist es wohl besser zu schweigen. Doch willkommen sollen sie sein, und der Gedanke, daß sich sage und schreibe 22 Damen einem Schiedsrichter freiwillig schweigend unterordnen, erlaubt ja Lichtblicke in die Zukunft, wie sie sich der ärgste Weiberfeind nicht hätte träumen lassen.« Robert Hefner, in: »Mitteldeutscher Sport«, 26. März 1914.

1915 entwickelt der Berliner Oberturnwart Max Heiser für Mädchen und Frauen die Sportart Torball. Es handelt sich um ein Spiel ohne Körperkontakt und Kampf, weil sich beides seiner Meinung nach nicht mit traditionellen, weiblichen Bewegungsabläufen verträgt. 1917 erfolgt die Umbenennung in Handball.

Eine Frage in der Monatsschrift »Sport und Sonne« der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik im Heft 6/1925. © »Sport und Sonne« 6/1925, S. 24

»Denn Fußball wird wohl niemals von Mädchen oder Frauen bei uns gespielt.«

August Hermann:
»Handbuch der Bewegungsspiele
von Mädchen und Frauen«, 1906
Vor dem Anpfiff einer Partie mit einem französischen und englischen Team. Die Engländerinnen gewannen 4:2, © »Sport und Sonne« 6/1925, S. 25
Fotografie im Artikel »Die Frau im Sport« von Emmy Haux in »Sport und Sonne« Heft 1/1925
© »Sport und Sonne« 1/1925, S. 68

Georg Benedix, Leiter der Bundesschule des ATSB, wundert sich in der Zeitschrift »Die Freie Turnerin«, »daß es Frauen gibt, die Fußball spielen wollen. Was sagt ihr dazu? Glaubt ihr, daß Mädels das ganz allein von sich aus wollen? Nein, die Annahme wäre irrig.«

Vielmehr betont er, der Arbeitersport und er als oberster Funktionär in seinem Namen solle »den Fußsport für Frauen ablehnen. Das Fußballspiel ist ein männliches Kampfspiel.« Dagegen spricht eine Statistik aus dem Jahr 1924. Immerhin sind dort insgesamt 347 weibliche Mitglieder neben 91.102 männlichen Mitgliedern in der Rubrik »Fußballer« gelistet.

Wir dürfen annehmen, dass Handballerinnen seinerzeit auch Fußball spielen. So legt es ein Foto nahe, das ein Handballteam des jüdischen Sportvereins Bar Kochba Leipzig um 1930 zeigt. Vor der Gruppe liegen zwei Bälle – ein Hand- und ein Fußball.

ATSB-Kalender 1925

»macht der sport die frauen glücklich?«

Monatszeitschrift »Uhu«, Oktober 1931
Handballspielerinnen bei Bar Kochba um 1930

Diese Frage stellt die Monatszeitschrift »Uhu« im Oktober 1931. Hugo Sellheimer, Leiter der Frauenklinik an der Universität Leipzig, spricht Frauen in dem Artikel die Fähigkeit zu Leistungssport gänzlich ab. Er bezieht sich auf Bilder des Fotografen Umbo von den Leichtathletik-Meisterschaften: »[M]it den bald furienhaft verzerrten, bald mit den zu Tode erschöpften Gesichtszügen«, zeugen sie, so Sellheimer, »von einer solchen Übertreibung des begleitenden Affektes, daß schon allein daraus Gefahren für Leib und Seele drohen müssen.« Der Frauenarzt befürchtet gar, der weibliche Körper werde »durch zu viel Sport nach männlichem Muster direkt vermännlicht, die weiblichen Unterleibsorgane verwelken«.

Während in den 1920er-Jahren Studentinnen Fußball spielen, erklärt der DFB 1936, der Fußball sei dem weiblichen Wesen fremd.

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